Ein Natchez-Burning der besonderen Art: Im Jahre 1731 wurde eine letzte Revolte der Natchez von französischen Soldaten niedergeschlagen, und die Überlebenden wurden versklavt oder vertrieben und mussten bei Nachbargruppen Zuflucht suchen.
Beim Eintreffen der ersten Europäer am Mississippi im 16. Jahrhundert lebten die Natchez, über deren Sozialstruktur im Buch "Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi" berichtet wird, am Ostufer des Flusses zwischen den heutigen Städten Vicksburg im Norden und Baton Rouge im Süden und hatten ihr Kulturzentrum und ihren politischen Mittelpunkt, das Grand Village, im Gebiet der heutigen Kleinstadt Natchez. Sie waren die einzigen Vertreter der einstmals blühenden Mississippi-Kulturen, deren Existenz bis in die historische Zeit hineinreichte. Insofern bieten sie die einmalige Gelegenheit, ihre politischen und sozialen Strukturen nicht nur mit Hilfe archäologischen Materials, sondern auch an Hand historischer Quellen, die von den ersten französischen Reisenden, Militärs und Missionaren verfasst wurden, zu studieren.
Die praehistorischen Mississippi-Kulturen dauerten von ca. 900 n. Chr. bis etwa 1500 und waren mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen im gesamten Südosten Nordamerikas verbreitet. Markantestes Kennzeichen aller Mississippi-Kulturen waren die terrassenförmig angelegten Tempelhügel, die sowohl als religiöse wie auch als politische Zentren dienten. In ihrem Zentrum, in Cahokia, erreichten die Mississippi-Kulturen den Höhepunkt ihrer kulturellen Entwicklung etwa um 1200. Als Cahokia bereits im Niedergang begriffen war, standen die Mississippi-Kulturen am Unterlauf des Mississippi noch in voller Blüte. Dort wurde der Niedergang erst beschleunigt, nachdem die ersten Europäer amerikanischen Boden betreten hatten und mit ihnen bis dahin in der Neuen Welt unbekannte Infektionskrankheiten eingeschleppt wurden.
Die ersten historischen Hinweise auf die Natchez stammen von Begleitern der spanischen Entdecker des Mississippi um Herando de Soto aus den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts. Danach gelangten erst wieder 1682 Europäer in diese Region, der französische Reisende René-Robert de la Salle mit seinen Begleitern, die von Kanada kommend zum ersten Mal den Mississippi bis zu dessen Mündung befuhren. In den Folgejahren versuchte Frankreich mit Hilfe von Militär und Missionaren und später dann auch Siedlern seine Louisiana genannte Kolonie zu unterwerfen. Unter diesen Siedlern befand sich auch Le Page du Pratz, von dem die ersten ausführlichen Darstellungen über das Leben der Natchez stammen. Der Zeitraum, der für dessen Beobachtungen zur Verfügung stand, endete abrupt mit den Ereignissen des Jahres 1731.
Beschäftigt man sich längere Zeit mit den Natchez, dann fällt einem der Kontrast auf zwischen den häufigen Hinweisen in der Literatur auf das Ende der Natchez einerseits und der Tatsache andererseits, dass sich auch heute noch oder wieder Natchez, auf ihre Herkunft berufen. Der Band "Vertreibung und Diaspora im nordamerikanischen Südosten" geht diesem Zwiespalt nach und versucht Wege aufzuzeichnen, auf denen Spuren der Natchez seit ihrem letzten Aufstand bis heute entdeckt werden können. Zunächst suchten die meisten überlebenden Natchez im Nordosten des heutigen Staates Mississippi bei den Chickasaw Zuflucht. Mit Teilen der Chickasaw zogen sie dann weiter nach Osten zu den in den südlichen Appalachen und den angrenzenden Regionen lebenden Cherokee. In dieser Region schien eine größere Sicherheit vor Übergriffen des französischen Militärs gegeben. Von hier aus kamen einige Familien der Natchez mit den im heutigen Alabama und Georgia siedelnden Creek in Kontakt. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts erlitten die Natchez das gleiche Schicksal wie die Cherokee und Creek, bei denen sie Aufnahme gefunden hatten. Gemeinsam mit diesen wurden sie von den euroamerikanischen Siedlern mit Unterstützung der nordamerikanischen Regierung nach Oklahoma westlich des Mississippi vertrieben. Auf der als "Pfad der Tränen" ("Trail of Tears") beschriebenen Zwangsdeportation erlitten sie durch Krankheiten, Hunger und ungünstigen Witterungsbedingungen unbeschreibliches Leid. Von den Cherokee und Creek ist bekannt, dass zahlreiche Vertriebene diesen Marsch nicht überlebten. Obwohl sich die Natchez im Laufe der Zeit an die kulturellen Ausdrucksformen ihrer gastgebenden Gruppen anpassten, gelang es ihnen dennoch, zahlreiche Traditionen ihrer Vorfahren zu bewahren. Selbst das heilige Feuer, das einstmals in ihrem Tempel am Mississippi brannte, konnten sie mitnehmen in ihre neue Heimat. Heute arbeiten sie daran, ihre Sprache wiederzubeleben und neu zu lernen.
Die Informationen, die in "Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi" und "Vertreibung und Diaspora im nordamerikanischen Südosten" zusammengefasst sind, stützen sich zum einen auf geschriebene Chroniken aus der Zeit zwischen dem Ende des 17. und dem Beginn des 18. Jahrhunderts und zum anderen auf neuere Veröffentlichungen über die Vertreibung der indigenen Gruppen des Südostens. Zur Überprüfung werden zum Teil archäolgische Forschungsergebnisse hinzugezogen.
Karl-Hermann Hörner, Dipl.-Soz., Lehrer a. D. und ehemaliger Verlagsmitarbeiter hat Soziologie mit dem Schwerpunkt nicht-industrielle Gesellschaften, Ethnologie und Geschichte an der Goethe-Universität Frankfurt/M. studiert.
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Karl-Hermann Hörner:
Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi.
München 2019 (2. veränderte Auflage).
ISBN E-Book: 9783346062949.
ISBN Print-Book: 9783346062956.
Deutschsprachige Ausgabe.
"Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi" ist eine aktualisierte Fassung des Titels
"Die Natchez. Staatenbildung am unteren Mississippi?" von 2011.
Stichwörter zum Buch:
Große Sonne, Grand Village of the Natchez, Emerald-Mound, Anna-Mound, Fatherland-Site, Heiliges Feuer, Green Corn-Ceremony, Sonnenkult, de la Salle, le Page du Pratz, Natchez-Paradoxon, Lower Mississippi Valley, Mississippi-Kulturen, South Eastern-Indians, gesellschaftliche Differenzierung, Häuptlingsgesellschaften, Archäologie als Anthropologie.
Wie lebten die Natchez?
How did the Natchez Indians live?
FactSheet
Karl-Hermann Hörner:
Die Natchez. Der Weg in die Diaspora.
München 2020.
ISBN: 9783346293534.
In dieser Ergänzung zum Buch "Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi" wird ein kurzer Überblick gegeben über den Weg der Natchez von ihrer Vertreibung aus ihrem angestammten Siedlungsgebiet bis nach Oklahoma.
Dieser Band ist nicht mehr lieferbar. Als Alternative steht "Vertreibung und Diaspora im nordamerikanischen Südosten" zur Verfügung.
Karl-Hermann Hörner:
Die Odyssee der Natchez.
Auf: https://www.arbeitskreis-indianer.at/die-odyssee-der-natchez
Februar 2021.
Stichwörter zum Buch:
Fort Rosalie, d'Iberville, Bienville, Cherokee, Creek (Muskogee), Chickamauga, Dragging- Canoe, Sequoyah, Etowah, Abihka, Trail of Tears, Gore in Oklahoma, Keetoowah, Heiliges Feuer, Natchez-Nation, Creek Sam, Watt Sam, Archie Sam, Edisto, Diaspora-Gesellschaft,Ethnogenese, Gruppenbewusstsein, Traditionen.
Ein verschwundenes Volk?
A vanished people?
Factsheet
Eine Übersetzerin oder ein Übersetzer mit sehr guten Kenntnissen der Feinheiten des amerikanischen Englisch sind für die Bücher "Die Natchez vom Unterlauf des Mississippi" und "Vertreibung und Diaspora im nordamerikanischen Südosten" als Co-Autorin oder Co-Autor herzlich willkommen. Bei Interesse senden Sie eine Nachricht an:
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29.10 | 09:48
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